Richtis-Beach-Reisebericht
Travel

Richtis / Ostkreta – Teil 2: Mal eben zum Strand

Wer die Desaster Geschichte Richtis Teil 1 – Lass uns doch mal eben zum Wasserfall und zum Frühstück wieder zurück gelesen hat, wird sich vielleicht denken können, dass auch dieser Beitrag kein gewöhnlicher Bericht von einem relaxten Strandausflug werden wird. Aber von vorn.

Es ist Sonntag und es sollte ein gemütlicher Tag werden, ohne viel Aufregung. Wir starten entspannt in den Morgen und gegen Mittag überlegen wir uns, dass wir doch etwas unternehmen könnten.

Wie wäre es mit Ierapetra?

Nach etwa 40 Minuten Fahrzeit erreichen wir Ierapetra, die südlichste Stadt Europas. Sie befindet sich auf Kreta in Griechenland. Von hier aus sind es gerade einmal etwa 400 km bis nach Afrika – Ägypten, um genauer zu sein. In dieser doch recht reizlosen Hafenstadt spürt man die afrikanische Hitze und den allgegenwärtigen (Massen-)Tourismus mit den Bildchenrestaurants und den Souvenir-Shops, der uns im Nordosten Kretas bisher im Großen und Ganzen erspart geblieben ist. Die Strände sind, ganz so wie Ierapetra selbst, gar nicht mal so schön.

Reisebericht Kreta Ierapetra
Ierapetra – Promenade und Strand
Pachia Ammos

Eine weitaus kleinere, aber umso charmantere Hafenstadt passieren wir auf dem Weg nach Ierapetra: Pachia Ammos. Der Ort liegt in einer kleinen Einbuchtung und auf dem Rückweg nach Myrsini können wir nicht widerstehen. Wir legen einen Halt ein. Pachia Ammos ist nördlich von Ierapetra gelegen und der Weg von Süd nach Nord erstreckt sich über gerade einmal 13 km. Es sind kaum Menschen unterwegs, am bezaubernden Strand liegen vielleicht sechs Sonnenanbeter. Auch in den Cafés und Tavernen sind es nicht mehr. In einer Bar, die auf Ibiza ein Hotspot wäre, genießen wir bei einem Sweet Espresso freddo die Szenerie, die Brise und den Blick auf das fabelhafte türkisfarbene Meer.

Reisebericht Pachia Ammos Kreta
Der Strand in Pachia Ammos – Ein Traum in Türkis
Und nu – Strand?

Nach einem entspannten, aber kurzen Aufenthalt geht es wieder in Richtung Myrsini. Das war ja nun alles ganz nett, aber irgendwie wollen wir mehr. Vielleicht zum Ende des Tages noch ein kleiner Strandbesuch in unserer Gegend? Wir passieren doch immer wieder dieses Schild „Beach of Richtis“, lass uns doch mal eben dahin. Zwei Doofe oder besser gesagt Naive – ein Gedanke. Los geht’s.

In Exo Mouliana geht eine Abzweigung runter in Richtung Richtis-Strand. Es ist wieder eine enge, mehr oder weniger gepflasterte Straße, die vorbei an Gärten und Olivenbäumen immer weiter hinab führt. Wir erkennen, dass dies der Fußweg ist, der von der Richtis-Schlucht- / Wasserfall-Wanderung über den Strand zurück zum Parkplatz führt und sind heilfroh, dass wir uns am Vortag für den Kletterwanderweg ohne Strand entschieden haben. Das hier hätten wir in der prallen Sonne nicht überlebt. Entweder wären wir eingegangen oder wir hätten uns in die Haare gekriegt und uns gegenseitig die Schlucht runtergeschubst.

Die Todesschlucht von Richtis

Der Weg zum Strand hinab wird immer bizarrer, es geht hoch und runter, die Straße ist längst nicht mehr gepflastert und sie wird immer enger -mit Gegenverkehr!- tiefe Abgründe tun sich zu unserer Rechten auf. Nur eine Unachtsamkeit und wir fliegen runter zum Strand. Kennt ihr diese Reportagen „Die gefährlichsten Straßen der Welt“? So muss man sich das hier vorstellen – 1:1.

Im Wagen vor uns sitzen drei Mädels, denen man die Panik anmerkt und so wie wir, werden wohl auch sie denken „oh Mann, ich würde am liebsten wieder drehen – aber das geht nicht, wir sind gefangen.“ Sie haben es sogar versucht, das Projekt aber gleich wieder abgebrochen.

Hinter uns ist ein Wagen mit einer Familie. Die Karawane zieht im Schneckentempo weiter und schlängelt sich den Abhang hinunter. Unten am kleinen Parkplatz angekommen, müssen sich erstmal alle sammeln, insbesondere die, die am Steuer saßen. Drei Kreuze machen, langsam wieder runterkommen und jetzt schon Angst vor dem Rückweg. Die anderen wollen von hier aus zur Schlucht wandern und laufen los. Wir gehen in die andere Richtung zum Strand. 

Der Richtis-Strand

Es ist ein schöner Kieselsteinstrand in einer Bucht, aber es ist definitiv zu stürmisch, um hier noch zu baden. Vor dem Strand gibt es eine Feuerstelle und mehrere Picknicktische – perfekt für alle, die am Tag den kompletten Weg durch die Schlucht wandern und hier den Abschluss finden.

Reisebericht-Richtis-Strand-Kreta
Der Strand von Richtis

Jetzt allerdings sind wir die Einzigen an diesem Ort und so genießen wir kurz die Ruhe und die wunderbare Meeresbrise. Da die Sonne bald untergehen wird, halten wir uns jedoch nicht allzu lange hier auf. Diesen unbeleuchteten Horrorweg im Dunkeln zu bewältigen ist unvorstellbar und unmöglich. Es sei denn man möchte sich bewusst in diese Gefahr begeben. Das haben wir nicht vor und so steigen wir zeitig wieder in unseren Toshiba Yaris, wie ich die Mietwagenklapperkiste von Toyota umgetauft habe. Wenn der bei all den Steinen und Felsen nicht auseinanderfällt ist schon einiges gewonnen.

Vor Sonnenuntergang auf die Todesstraße

Langsam fahren wir steil hoch in die erste Kurve. Puh, kein Gegenverkehr. Glück gehabt. Mir fallen die Mädels ein und die Familie, die es wahrscheinlich nicht vor Sonnenuntergang aus der Schlucht kommen werden und diese tödliche Straße zurück im Halbdunkeln oder gar Dunkeln werden bewältigen müssen.

Kurze Zeit später treffen wir auf zwei junge Touristen aus Frankreich, die sich da gerade den Weg zu Fuß hochquälen. Denn nach der Wanderung durch die Schlucht von Richtis scheint dies der einzige Weg zu sein, um wieder hoch zu kommen zum Ausgangspunkt der Wasserfall-Wanderung: das Dorf Exo Mouliana. Wir halten und fragen sie, ob wir sie mitnehmen sollen. In ihren verschwitzten Gesichtern sehen wir, wie große Erleichterung sie überkommt und sie bestätigen es mit einem strahlenden „Danke, Danke – unsere Gebete wurden erhört!“

Ich versuche die Strecke vor uns im Auge zu behalten und erkenne gerade noch rechtzeitig ein Auto, das uns eine Kurve entfernt entgegenkommt. Den Rest des Weges überstehen wir ohne weitere Herzattacken. Nur ein „Aaah shit“ als Toshiba Yaris über einen großen Stein fährt, was ihm hörbar nicht gefällt und wir hoffen weiterhin, dass er nicht auseinander fällt. Das wäre jetzt ungünstig, so mittendrin. Aber er bringt uns sicher hier raus. Efcharisto!

To wrap it up:

„Lass uns mal eben zum Strand“ hat genauso wenig funktioniert wie „Lass uns mal eben zum Wasserfall“. Was als Abstecher zum Strand gedacht war, wurde zu einer waghalsigen Fahrt auf einer der gefährlichsten Straßen der Welt. Das hätten wir wissen müssen. Schon beim Namen Richtis hätten wir es doch zumindest erahnen können, aber nein…

Ja, es ist ein schöner Strand, aber es gibt viele andere schöne Strände auf Kreta – auch wesentlich schönere Strände. Und die Lebensgefahr, in die man sich begibt ist der Richtis-Strand dann doch nicht wert. Als Badestrand eignet er sich auch nur bedingt. Der Strand von Richtis ist super zur Entspannung nach der Wanderung durch die Schlucht, aber da muss man ja auch irgendwie wieder raus und hoch kommen….

Hast du auch schon etwas Ähnliches erlebt? Du möchtest im Osten Kretas Urlaub machen und könntest noch Tipps gebrauchen? Let’s talk! Ich freue mich auf deine Nachricht. Baci & Abbracci, deine Gitaliana