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Travel

Kreta ohne Massentourismus

Prioritäten setzen lautet die Devise – so ist das Erste was ich tue, als wir in dem alten Bauernhaus ankommen, mir die Klamotten vom Leib zu reißen und mich auf die Hängematte zu schwingen. Herrlich! Ich genieße die Brise und die Sonne auf meiner Haut. Hier sind wir ganz für uns allein – fast. Da sind noch die unzähligen Grillen*, die zirpen. Zirpen klingt so lieblich wie der Gesang von Vögeln – in der Realität sind sie aber einfach ziemlich laut. Es dauert keine fünf Minuten bis ich mich daran gewöhnt habe. Irgendwann ist es wie meditative Begleitmusik und rundet das Gesamtfeeling ab. Was für ein Start in den Urlaub!

Unsere Unterkunft liegt inmitten eines Olivenhains, fernab von Hotels, Resorts, Tavernen und Menschenmassen.

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Kannst du unsere Unterkunft sehen?
Noch ist es ein Geheimtipp

Wir sind die zweiten Gäste in diesem Bauernhaus, in dem so viel Liebe zum Detail zu finden ist. Unsere Gastgeberin Dimitria erzählt uns, dass ihr Opa das Haus aus einem einzigen riesigen Felsstein erbaut hat. Wow! Welch eine Leistung.

Sie selbst lebt in Athen und hat beschlossen das Familienhaus an Besucher zu vermieten. Während unseres Aufenthalts ist sie ebenfalls auf der Insel – zum Familienbesuch. Dabei bringt sie uns eines Abends überraschend eine kretische Spezialität vorbei, die ihre Schwester zubereitet hat. Ein vermeintlich einfaches Essen, das aber bekanntlich immer am besten ist. Es sind Kartoffeln mit einer Art Spinat und verfeinert mit einem Schuss Limette. Alles aus dem eigenen Garten. Köstlich.

In diesem Jahr startet Dimitria die Vermietung dieses Hauses erstmals und sieht sie somit noch als Testphase, denn es war lange unbewohnt. Das Konzept ist durch und durch stimmig. Strom und Warmwasser gibt es von den Solarplatten auf dem Dach, es gibt einen Wohnraum mit Küche, ein Schlafzimmer und ein kleines Bad. Das alles mitten in der Natur und mit dem BESTEN Aussichtspunkt für Sonnenuntergänge.

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Kreta ohne Massen

Ich muss zugeben, ich habe es nicht für möglich gehalten. Urlaub auf der beliebtesten griechischen Insel mit jährlich über 4 Millionen Besucher, ohne diesen Massen zu begegnen. Wie soll das denn bitte gehen? Zu meiner Freude wurde ich eines Besseren belehrt.

Nur bei einem Ausflug nach Ierapetra sehen wir diese typischen Bettenburgen, die einst natürliche Landschaftsbilder unwiderruflich zerstören. Abgesehen davon bleiben wir davon verschont und sind positiv überrascht. Die Lasithi Region scheint sich im Großen und Ganzen (noch) der Natürlichkeit verschrieben zu haben. In Myrsini und den umliegenden Dörfern Mesa Mouliana und Exo Mouliana sucht man Hotels vergebens, so auch Besucherströme. Stattdessen besticht die gesamte Region mit rauen Naturschönheiten, unberührter Wildnis und traditionellem Inselleben.

Es war eine instinktiv gute Entscheidung in den Osten Kretas zu gehen, der grundsätzlich nicht so überlaufen ist wie der Nord(west)en mit Heraklion, Rethymnos und Chania zum Beispiel. Habe ich dafür im Vorfeld viel Zeit in die Recherche investiert? Nein. Wie kam es zu der Entscheidung? *Top organisierte Reiseplaner mögen jetzt vielleicht den Teil bis zum Ende dieses Absatzes überspringen* Es war keine bewusste Entscheidung für eine bestimmte Region. Wir haben diese Unterkunft entdeckt und waren so begeistert, dass wir uns dafür entschieden haben. Ich muss zugeben, dass es nicht das erste Mal ist, dass wir auf diese Weise eine Entscheidung für eine Reisedestination treffen. Bisher war dieses Konzept immer erfolgreich und daher wird es sicher nicht das letzte Mal sein, dass wir uns auf diese Art treiben lassen. So fiel unsere Wahl also auf:

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Ein Spaziergang im Olivenhain
Myrsini

Vom kleinen Dörfchen Myrsini aus, geht eine ungepflasterte Straße ab in ein Olivenhain zum Bauernhaus. Myrsini ist ein pittoresker Ort, der den wenigsten Besuchern ein Begriff ist, denn sie fahren entweder einfach durch, auf dem Weg in die große Hafenstadt Sitia zum Beispiel, die etwa 30 Minuten von hier entfernt ist, oder sie kennen die Taverna Kathodon als Sunset Hotspot. Wir sind einmal dagewesen und unser Fazit widerspricht den Anpreisungen und dem Hype um diese Location. Das liegt zum einen daran, dass wir mit unserer Terrasse schon den perfekten Sunset Hotspot haben und zum anderen aber auch daran, dass die Speisen genauso lieblos zubereitet sind wie sie serviert werden. Man spürt die Massenabfertigung und die Gewissheit, dass die Touris schon kommen werden, denn es steht ja als „Geheimtipp“ im Reiseführer. Und so ist es – kurz vor Sonnenuntergang füllt sich die Taverna zusehends.

Wer gut zu Fuß ist, sollte mal einen Spaziergang durch die steilen Straßen Myrsinis machen. Die weiß getünchten Häuser, die Kapelle und die Einwohner haben ihren ganz eigenen Charme.

Ausflugsziele in der Umgebung

Der ursprüngliche Plan war, die gesamte Woche in der Einöde zu verbringen und sich dem süßen Nichtstun hinzugeben. Am ersten Tag gelingt uns das sehr gut. Danach zieht es uns dann doch auch mal raus und wir finden eine gute Balance zwischen Unternehmungen und Entspannung in unserem Nest, inmitten des Olivenhains mit atemberaubendem Blick auf die Küste.

Du wirst merken, dass archäologische Stätten definitiv zu kurz gekommen sind, ok ganz direkt: wir hatten kein Interesse. Nach so vielen Jahren Arbeiten in der Reisebranche habe ich für ein ganzes Leben genug „Steine, Sand & Leute“ gesehen. Das bedeutet nicht, dass die Historie mich nicht interessiert – das tut sie, aber die Anhäufung von alten Steinen in der sengenden Sonne, gemeinsam mit der Reisegruppe Seltsam – die muss ich nun wirklich nicht mehr haben. Yup, you may call me Kulturbanause if you like.

Was haben wir also außer Faulenzen eine Woche lang gemacht?

Faulenzen am Strand

In einer Broschüre, die Dimitria im Haus hat, lesen wir vom einzigen Palmenstrand der Insel: Vai. Und so verbringen wir einen entspannten Tag an diesem -touristisch doch recht erschlossenen- schönen Strand. Es gibt Sonnenliegen und -schirme, eine Beach Bar, eine Taverna und Jet Ski. Klingt sehr nach Mainstream, überlaufen ist der Vai Beach dennoch nicht. Die perfekten *sonnigen Schattenplätze* bekommt man auf dem Weg zum Strand unter einer der Palmen.

An anderen Tagen zog es uns in die vielseitige Strandlandschaft von Xerokampos, wo man tatsächlich noch wilde und nahezu menschenleere Strände vorfindet. Alles dazu erzähle ich dir in diesem Reisebericht.

Weitere Storys über die Strände von Pachia Ammos, Ierapetra und Richtis findest du gesammelt in „Mal eben zum Strand“. So viel sei gesagt: Von diesen drei Stränden ist nur einer wirklich bezaubernd.

Sitia

Sitia ist das Herz der Lasithi Region, in der wir unseren Urlaub verbringen und sie scheint sich mitten im Prozess zu einem touristischen Zentrum zu befinden. Es gibt einen kleinen Flughafen, Bildchen-Restaurants an der Marina Promenade, Hotels an der Küste und verlassene Bauten an 1a Resort Locations. Ob da ein Investor abgesprungen ist oder ob es noch mit der Krise von 2012 zusammenhängt? Was immer der Grund für die Bauruine, die mal ein Prestige-Hotelprojekt war, sein mag – so brach liegen wird sie sicher nicht mehr lange. Es sei denn die bürokratischen Hürden sind zu hoch, was sehr gut möglich ist. Zurück zum Thema.

Sitia ist eine nette Hafenstadt, in der man gut und gerne einen halben Tag verbringen kann – mit einem Spaziergang und gutem Essen. Ok, mit Strand auch einen ganzen Tag. Dimitria hat uns erzählt, dass sie früher zum Schwimmen stets nach Sitia gefahren ist als sie noch auf Kreta gelebt hat. Wir sind oft an dem Strand vorbeigefahren und er ist mit dem türkis strahlenden Wasser wahrlich schön, aber der größte Teil ist eben ein Hotelstrand. Selbst dieser jedoch war nie überlaufen.

Hier gibt es übrigens auch den nächsten Supermarkt (Lidl haben wir allerdings übersprungen), in dem wir uns für die Woche im Bauernhaus mit Lebensmitteln eingedeckt haben.

Reisebericht-Kreta-Gitaliana-Sitia
In den Straßen von Sitia
Die Schlucht von Richtis

Was als gemütlicher Spaziergang gedacht war, endete in einer mühsamen Wanderung (ohne Ausrüstung!), die alle Strapazen wert war. Der Wasserfall -das Ziel- ist einmalig! Alles zu diesem chaotischen Abenteuer kannst du hier nachlesen.

Mochlos

Das süße kleine Mochlos konnten wir jeden Tag und Abend schon von unserer Terrasse aus bewundern, denn dahinter ging die Sonne unter. Mit ihren Küstenformationen bildet sie eine wunderbare Szenerie für die vom Alltagsgrau getrübten Augen.

Dem 200-Seelen Dorf vorgelegen ist die kleine Insel Agios Nikolaos mit einer ehem. minoischen Siedlung. Wirklich gute Athleten können die 250 m wahrscheinlich rüber schwimmen, aber davon ist doch eher abzuraten, denn die See ist schon eher stürmisch. Man kann bei den Tavernen nach Tzanetos fragen und er bringt einen, für einen kleinen Kostenbeitrag, mit dem Boot rüber.

Mochlos ist ein kleiner -ja- touristischer Ort, der dennoch alles andere als überfüllt oder gar unangenehm ist. Kurz vor Mochlos befindet sich der Aldiana Club, aber bekanntermaßen bleiben die All In Touristen in ihrem Habitat und so zieht es sie nicht ins nahe gelegene Mochlos. Sehenswert aber ist es. In den Tavernen gibt es gutes Essen, die Farbe des Meeres ist unbeschreiblich und die Menschen sind unsagbar freundlich.

Good to know

Wir waren Ende August / Anfang September auf Kreta. Das Wetter war mit konstanten 28 Grad und einer steten Brise herrlich angenehm. Man kann hier sehr günstig Urlaub machen. Die Lebensmittel sind nicht teuer und die Restaurants ebenso wenig. Auch Flug und Unterkunft haben uns nicht viel gekostet.

Wenn du deinen Urlaub auf Kreta wie wir, ab vom Schuss inmitten eines Olivenhains verbringen möchtest und dabei auch mal rauskommen willst, dann wirst du einen Mietwagen benötigen.

*Fun Fact* Zikaden Sounds of Love

Weißt du warum sie so laut sind? Hier ein kleiner Exkurs:

Wie das sonore Summen des Rasenmähers der deutsche Sound of Summer ist, so ist das Zirpen der Grillen der Sound of Summer des Mittelmeerraums. Es erinnert mich an meine Sommer bei der Familie auf Sardinien und ist mir nur allzu vertraut. Man hört sie, aber man sieht sie nicht. Auf Kreta inmitten all dieser Olivenbäume um uns herum konnte ich nun endlich gleich mehrere sehen. Kein Wunder, denn am wohlsten fühlen sie sich im Ölbaumgezweig. Ihre Farbe unterscheidet sich kaum von der Rinde.

Aber wie kommen die Sounds der Zikaden zustande? Man vergebe mir, dass ich es als Sound der Zikaden beschreibe, aber zirpen klingt einfach zu irreführend lieblich und Lärm ist anmaßend. Der Grund ist nur allzu natürlich. Es sind die Zikaden Sounds of Love.

Ihre Flügel haben so genannte Zahnleisten, die sie gegeneinander reiben und so ihre „Musik“ erzeugen. Und warum tun sie das? Es ist ihre Kunst der Verführung. Je lauter und „liebreizender“ der Klang, desto anziehender für das Weibchen und desto höher stehen die Chancen für den Liebes-/Fortpflanzungsakt.

Es gibt jedoch noch einen weiteren Grund: Es ist bei Revierkämpfen auch eine Demonstration der eigenen „Macht“.

Wie sieht’s aus – möchtest du auch gerne mal in den Osten Kretas reisen? Siehst du die Grillen jetzt mit anderen Augen? 😉

Let’s talk! Ich freue mich auf deine Nachricht. Baci e abbracci, Deine Gitaliana